Die ersten Versuche in Wiesbaden einen katholischen Gesellenverein zu gründen, reichen schon in das Jahr 1852 zurück. Doch scheiterte dieser Versuch der Vereinsgründung durch neun Gesellen. Es wurde Ihnen anheimgestellt, sich dem Gesellenverein in Mainz anzuschließen.

So erfolgte die Gründung des Gesellenvereins in Wiesbaden erst 23 Jahre später, im Jahre 1875. Allen Widrigkeiten und Schwierigkeiten zum Trotz entschloss man sich auf dem Höhepunkt des Kulturkampfes zur Vereinsgründung. Viele zureisende Handwerksgesellen vermissten in Wiesbaden einen Gesellenverein. Erster Präses wurde Kaplan Heinrich te Poell. Für die Gründung des Gesellenvereins zeichneten verantwortlich:

Schreiner Nikolaus van Nüß
Schreiner Heinrich Pötz
Tüchner Wilhelm Schermuly
Glaser Heinrich Morr
Häfner Julius Mollath
Tanzezierer Wilhelm Horn
Schreiner Corbinian Betz

Schon kurz nach der Gründung des Gesellenvereins spürten die Verantwortlichen und Mitglieder, welchem Duck man seitens der Behörden ausgesetzt war. Kurz nach dem Stiftungsfest schickte die Polizeibehörde dem Präses eine Strafverfügung über 20.- Mark Strafe oder 3 Tage Haft, weil er es entgegen dem damals geltenden Vereinsgesetz unterlassen hatte, binnen 3 Tagen nach Vereinsgründung Statuten und Mitgliederverzeichnis einzureichen.
Doch entgegen allen Befürchtungen und trotz manigfacher Schwierigkeiten verlief die Entwicklung des Gesellenvereins erfreulich, denn man zählte am Ende des Jahres 1875 bereit 55 Mitglieder. Für die sich entwickelnden Aktivitäten benötigte man Platz und so wurde das Gasthaus „Zur weißen Taube“ in der Neugasse 15 angemietet. Dort wurde erstmals im Winterhalbjahr 1875/76 Unterricht in Schreiben, Rechnen, Zeichnen und Singen erteilt. Da auch öffentliche Vorträge stattfanden, erregte dies das Mißtrauen der Polizeibehörden, so dass oft bei diesen Veranstaltungen ein Polizeikommissar oder Schutzmann anwesend war. Das wirtschaftliche Aufblühen der Stadt Wiesbaden und die damit verbundene steigende Zahl von anreisenden Handwerksgesellen, machte es erforderlich, sich nach einem größeren Vereinslokal umzusehen.
Nach vorübergehendem, kurzfristigem Aufenthalt in der Gastwirtschaft „Zum Anker“ zog man in das Hinterhaus Wellritzstraße 15 ein. Dieser zweistöckige Bau mit einer Schreinerwerkstatt bot endlich die geeignete Bleibe, um die Bildungsarbeit im Verein sinnvoll fortzusetzen und möglichst noch zu erweitern.

Weißer Ball um das Jahr 1920
im großen Saal des Kolpinghauses

Es gelang hier, eine Bibliothek, eine eigene Wirtschaft, Unterrichtsräume und Schlafsäle für durchreisende Gesellen einzurichten. Besonders bemerkenswert und fortschrittlich war jedoch die Gründung einer eigenen Krankenkasse.

In dieser Zeit fällt auch die Gründung des Vereins der Ehrendamen, die für die Wäsche des Hospiz sorgten und viele ehrenamtliche Arbeiten für den Gesellenverein verrichteten.
Auch das gesellige Leben kam nicht zu kurz. Im Rauch- und Deklamations-Club wurden das Laienspiel, Chorgesang und der literarische Vortrag gepflegt.Die Geselligkeit hatte von Anbeginn an bei dem damaligen Gesellenverein, der früheren Bezeichnung der Kolpingfamilie, einen hohen Stellenwert. Schon Adolph Kolping wußte um die Bedeutung von Frohsinn und Scherz und prägte dies als Motto und Devise für ein geselliges menschliches Miteinander. Der „Rauch- und Deklamations-Club“ richtete dann auch die Fastnachtssitzungen aus. Er war der Vorläufer des späteren und noch heute bestehenden Elferrrats, einer Abteilung in der Kolpingfamilie. Noch immer gilt das alte Motto: „Frohsinn und Scherz“.Anerkennung des wachsenden Ansehens und der steigenden Mitgliederzahlen wurde dem Verien durch den Besuch des Generalpräses Schäfer und des Bischofs von Wien, Dr. Gruscher, dem Generalpräses von Österreich - Ungarn zu Teil.
Wegen des regen Andrangs zu den Veranstaltungen mußte beispielsweise eine Versammlung im Römersaal in der Dotzheimer Straße , der späteren Scala, abgehalten werden. Die Mitgliederzahl stieg unaufhaltsam und betrug am 3. Februar 1878  266, am 20. August 1879 fast 500 und erreichte am Ende des Jahres 1881  900. Eine für heutige Verhältnisse unvorstellbare Zahl.Wieder einmal musste man sich nach größeren Vereinsräumen umsehen. Erstmals wurde mit dem Ankauf des Dieser'schen Hauses „Zum Hirschen“ ein eigenes Vereinshaus erworben. Neben Bildungsveranstaltungen wurde auch in größerem Umfang Öffentlichkeitsarbeit betrieben.Die geselligen Aktivitäten wurden mit den karnevalistischen Veranstaltungen auf eine breitere Basis gestellt. 1885 wurde der Elferrat als Gremium für die Organisation von Fastnachtsaktivitäten gegründet. Das war die Geburtstunde der Kolpingfassenacht. Sicherlich war es auch dem Einfluß und dem karnevalistischen Gedankengut wandernder Gesellan aus dem Rheinland, aus dem Raum Köln und Düsseldorf, zu verdanken, dass Narrensitzungen abgehalten wurden. Die Fassenacht im Gesellenverein wuchs und gedieh, aber der 1. Weltkrieg setzte diesen närrischen Aktivitäten ein jähes Ende. Bedingt durch die schweren und leidvollen Nachkriegsjahre und die Notzeit der Inflation wurde erst 1926 wieder eine Fastnachtssitzung veranstaltet.
Im Jahr 1888 wurde Pfarrer Karl Gruber Nachfolger von Präses te Poell. Mit seiner Hilfe erwarb der Gesellenverein das Haus Dotzheimer Straße 24 von Schreinermeister Pötz. Das Haus, zu dem auch ein großer Saaal mit 25 m Länge und 13 m Breite gehörte, wurde vereinsgerecht umgebaut und am 10.11.1895 wurde nach dreijähriger Umbautätigkeit das neue Gesellenhaus feierlich eröffnet.
Die Räume im neuen Haus ermöglichten eine rege und erweiterte Unterrichtstätigkeit und die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen im großen Saal. Die Unterrichtskurse wurden durch die königliche Regierung 1908 als private Fortbildungsschule anerkannt. Auf der Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902 wurde dem Verein angesichts der vielseitigen Tätigkeiten die Goldmedaille verliehen.

                                                         Die „gut Stub“ um 1920   

Am 1. August 1911 übergab Präses Gruber seinem Nachfolger im Amt die Leitung des Gesellenvereins. Nicht nur auf die karnevalistischen Aktivitäten hatte, wie bereits erwähnt, der 1. Weltkrieg negative Auswirkungen. Auch das Vereinsleben mußte Einschränkungen hinnehmen. Im großen Saal wurde ein Lazarett eingerichtet, das einen excellenten Ruf genoss. Das übrige Vereinsleben kam schneller als die Fassenacht wieder in Schwung.


Die erste Vollversammlung nach dem 1. Weltkrieg fand am 15.12.1918 statt. Neuer Präses war seit 1917 Kaplan Anton Lenferding. Nur noch 50 Mitglieder trafen sich zum Neubeginn. Im Jahre 1925 fand das 50-jährige Stiftungsfest des Vereins, der absolute Höhepunkt zwischen beiden Weltkriegen, statt. Der intensive Kontakt mit anderen Gesellenvereinen dokumentierte sich durch die Teilnahme von sage und schreibe 32 anderen Gesellenvereinen.
In den Jahren 1925 und1926 wurde das Kolpinghaus weiter ausgebaut. Darunter war vor allem die Erweiterung des Hospizes im Vorderhaus. Insgesamt konnte nun mehr als 40 Gesellen ständiger Wohnsitz gewährt und 20 weiteren durchreisenden Geselllen Obdach gewährt werden.
Auch das Meisterzimmer wurde in dieser Zeit eingerichtet. Die steigende Arbeitslosigkeit führte dazu, dass arbeitslose Vereinsmitglieder kostenlos verköstigt wurden und für 2,50 RM pro Woche im Hospiz wohnen konnten.
Kaum waren die entbehrungsreichen und schwierigen Jahre vorüber, zeichneten sich neue große Nöte und Schwierigkeiten für den Gesellenverein ab:
Die Nationalsozialisten hatten die Macht übernommen und der Verein wurde nach 1933 aus dem öffentlichen Leben verbannt. 1938 wurde jegliche Vereinstätigkeit von den braunen Machthabern untersagt - eine 13-jährige Zwangspause trat ein.

bischofsweihe1930neu

Das Kolpinghaus wurde von den nationalsozialistischen Machthabern in Besitz genommen und nach einem Umbau am 20. Juni 1940 als Luftschutzhaus eröffnet. Die Vereinsmitglieder waren ihres Treffpunktes beraubt  und trafen sich zu Wanderungen oder anderen geselligen Unternehmungen, um den freundschaft-lichen Kontakt aufrecht zu erhalten.
Nach Beendigung des 2. Weltkrieges am 8. Mai 1945 wurde das Kolpinghaus zunächst von den amerikanischen Besatzungstruppen genutzt und beherbergte dann das Großhessische  Staatstheater, das am 21. September 1946 im großen Saal mit „Ein Wintermärchen“ seinen Spielbetrieb aufnahm.
Anfang September 1946 fanden sich 25 Vereinsmitglieder in der Gaststätte „Gustavsburg“ zur 1. Versammlung nach dem Krieg ein. Mit diesen „Davongekommenen“ wurde der Gesellenverein neu ins Leben gerufen und nannte sich fortan Kolpingfamilie. Unter der Leitung von Josef Fink und Schlossermeister Friton gelang es, den Verein wieder zur Blüte zu bringen.

kolpinghaus1949neu

Am 16. Oktober 1946 wurde Pater Gottlieb Weinriefer als neuer Präses in sein Amt eingeführt. Hauptanliegen der Mitglieder war die Rückgabe des Kolpinghauses an den Verein. Dies gelang nach vielen langwierigen und komplizierten Verhandlungen mit der Militärregierung. Am 1.April1947 erhielt die Kolpingfamilie ihr Haus zurück. Es dauerte aber noch einige Zeit, bis die Räume endgültig freigegeben wurden und so mußte die erste Kappensitzung nach dem Krieg am Fastnacht-Dienstag 1947 in der Gaststätte „Schwalbacher Hof“ stattfinden.

pfingstfahrt1949neu

Am 22. Oktober 1950 fand die erste kolpingeigene Veranstaltung mit dem 75-jährigen Stiftungsfest im Kolpinghaus statt. Auch die Fastnacht hielt wieder Einzug im Kolpinghaus. 1951 ging dort die Kappensitzung unter dem Motto „Dehaam is dehaam“ über die närrische Bühne.
Nach Gründung einer Jungkolpinggruppe wurden Kellerräume im Kolpinghaus zu Aufenthalts- und Partyräumen in Eigenarbeit hergerichtet und 1980 umgebaut und neu gestaltet.
Im Jahre 1977 wurde das Kolpinghaus dem Bischöflichen Ordinariat, d. h. der Diözese Limburg als Schenkung überschrieben. Die Kolpingfamilie mußte 1984 das Haus verlassen. Es wurde abgerissen.
Die Kolpingfamilie fand Aufnahme in Räumlichkeiten der Pfarrei Dreifaltigkeit. Im dortigen Piushaus fanden auch die Kappensitzungen statt. Die Vereinsarbeit war aber durch die provisorische Unterbringung des Vereins sehr eingeschränkt und erschwert.
1987 konnten endlich neue Vereinsräume, das Kolping-Zentrum, bezogen werden. Dort finden auch kleinere Veranstaltungen statt.


Das 125-jährige Jubiläum der Kolpingfamilie Wiesbaden-Zentral wurde in einem sehr ansprechenden Rahmen im Jahre 2000 gefeiert. So war bei dem eindrucksvollen Jubiläumsempfang im Roncalli-Haus viel Prominenz aus Politik, Kirche und Gesellschaft vertreten.
Den Festgottesdienst in der St. Bonifazius-Kirche zelebrierte der damalige Generalpräses Heinrich Festing, der auch die Festpredigt hielt, zusammen mit Präses Werner Kurz, Stadtdekan Ernst-Ewald Roth, Diözensanpräses Rainer Sarholz und Pater Otto Manfred Ofm aus Japan. (Bild rechts: von links)

Es gehört zu den grundlegenden Aufgaben der Kolpingfamilie, den Mitgliedern Hilfestellung zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit – als Hilfe zur Selbsthilfe – zu leisten. Wichtig neben der Vermittlung christlicher und ethischer Werte ist eine Lebenshilfe im Berich Ehe, Familie, Kirche und Gesellschaft.
In Vorträgen und Referaten werden die Kolpingschwestern und Kolpingbrüder über Gesellschaftsfragen allgemeiner und akuter Bedeutung vertraut gemacht. Diese Bildungsangebote, wie auch die Darstellung sozialpolitischer Themen und Problemen sollen die Persönlichkeitsentwicklung positiv beeinflussen.
Hierbei ist die Themenvielfalt groß. Interessant waren auch Vorträge über den Vergleich der verschiedenen Weltreligionen, wie Islam, Buddhismus und Christentum.
Auch das soziale Engagement wird gepflegt, so der Verkauf von fair gehandeltem Kaffee d. h. ohne Kinderarbeit und bei angemessener Entlohnung der Plantagenarbeiter, sowie auch Altkleidersammlungen.
In ensprechendem Rahmen wird auch der jährliche Kolpinggedenktag zusammen mit der Adventfeier durchgeführt. Einem breiten Raum nehmen gesellige Veranstaltungen ein, getreu dem Motto von Adolph Kolping „Frohsinn und Scherz“. So ist die Kolpingfassenacht mit ihren vielfältigen Facetten im Raum Wiesbaden ein Begriff und wohlbekannt.
Wöchentlich findet ein Skatabend statt und für das Sommerfest bietet das „Kolping-Gärtchen“ einen idealen Rahmen. Feldgottesdienste standen viele Jahre auf dem Programm und auch die Omnibus-Reisen werden wieder durchgeführt. Tradition hat mittlerweile auch die Besichtigung von Wiesbadener Sehenswürdigkeiten beim jährlichen Weinfest.

Präsides von 1875 bis 2000:
Kaplan te Poell 1875 - 1888
Kaplan Karl Gruber 1888 - 1911
Martin Quirin 1911 - 1917
Kaplan Anton Lenferding 1917 - 1922
Alexander Rupp 1922 - 1923
Dr. Franz Meister 1923 - 1926
Kaplan Rudolphi 1926 - 1931
Kaplan Rumpf 1931 - 1936
Kaplan Born 1936 - 1939
   
Nach dem 2. Weltkrieg:
Pater Gottlieb Weinriefer 1946 - 1949
Pfarrer Paul Planz 1949 - 1960
Pfarrer Karl Schikora 1960 - 1967
Wolfram Pfaff 1967 - 1970
Kaplan Rainer Sarholz 1970 - 1975
Pater Waltram Winkler 1976 - 1982
Pater Bernhard Pieler 1982 - 1987
Pfarrer Werner Kurz 1987 - 2018
Pfarrer Mathias Ohlig Seit 2018

Vorsitzende ab 1946:
Josef Fink
Roland Carl
Hans Petschat
Bernhard Fink
Stefan Fink

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